Die Jugendberatungsstelle Young+Direct zieht Bilanz über die Tätigkeit 2016

Das Jugendalter ist mit vielen Veränderungen und Herausforderungen verbunden. Viele Südtiroler Jugendliche holen sich in dieser Phase Hilfe bei Young+Direct. 2016 hat die Jugendberatungsstelle 1.771 Kontakte verzeichnet. In sieben von zehn Fällen haben die Jugendlichen auf die digitalen Beratungskanäle zurückgegriffen. Am meisten zu schaffen machten familiäre Konflikte, Lebenskrisen, psychische Probleme und Fragen rund um die sexuelle Aufklärung. Im Rahmen zahlreicher Workshops an Schulen hat Young+Direct wieder wertvolle Präventionsarbeit geleistet. Außerdem wurde die Infobroschüre „Lollipop – Rund ums Essverhalten“ aktualisiert und neu aufgelegt. 

Jugendliche verbringen mittlerweile viel Zeit im Internet. Sie tauchen ab in die virtuelle Welt und tauschen sich aus in der virtuellen Welt. Selbst ihre Sorgen, Probleme oder Krisen, die sie in der realen Welt durchleben, „besprechen“ sie am liebsten auf digitalem Wege. Young+Direct trägt diesem Bedürfnis seit Jahren Rechnung, das Beratungsteam aus Psychologen und Pädagoginnen bietet den Jugendlichen neben der telefonischen Beratung und dem persönlichen Gespräch auch vier digitale Beratungskanäle an: WhatsApp, E-Mail, Facebook und Skype.

Auch über diese Medien kommt es zu einem intensiven Austausch über teils sehr komplexe und schwierige Themen.


Die Themen 2016: familiäre Konflikte häufiger angesprochen

Auf Platz eins lagen zum wiederholten Male die so genannten persönlichen Themen. Mit einem Anteil von 41 Prozent waren diese Themen so stark vertreten wie nie zuvor. Lebenskrisen, psychische Probleme, Selbstverletzendes Verhalten und mangelndes Selbstvertrauen fanden sich bei diesen Beratungen ganz oben, gefolgt von Ängsten, Suizidgedanken, Problemen mit dem eigenen Äußeren, Trauer, depressiven Verstimmungen, Einsamkeit.

Das Thema Familie ist 2016 nochmal wichtiger geworden und befand sich mit 23 Prozent zum ersten Mal in der Geschichte von Young+Direct auf Platz zwei. Die Jugendlichen haben vor allem nachgefragt, was sie bei familiären Spannungen tun können, die entstehen, wenn sie sich von den Eltern unverstanden fühlen oder wenn Eltern Verbote aussprechen bzw. Regeln bestimmen. Auch Probleme und Konflikte zwischen anderen Familienmitgliedern, zum Beispiel die Trennung der Eltern, Suchtprobleme oder Krankheiten von Geschwistern oder Eltern, belasteten viele Jugendliche. In vielen Beratungen ging es zudem um Vernachlässigung und Gleichgültigkeit vonseiten der Eltern.

Auf Platz drei lag mit 21 Prozent das Thema Sexualität. Nach wie vor ging es hier in erster Linie um Fragen und Unsicherheiten rund um die Aufklärung, Schwangerschaft, Verhütung sowie um sexuelle Praktiken und das „erste Mal“.

Die Beratungen zum Thema Partnerschaft/Liebe lagen mit einem Anteil von 14 Prozent an vierter Stelle. In diesem Zusammenhang kamen am häufigsten Verliebtheit, der Wunsch nach einer festen Freundin bzw. einem festen Freund, Schwärmerei sowie Liebeskummer, Beziehungskonflikte und Trennung zur Sprache.

Gleich geblieben ist der Anteil der Beratungen im Bereich Schule/Ausbildung (13 Prozent). Überforderung und Leistungsdruck waren hier am häufigsten Thema, und in diesem Zusammenhang stand oft auch die Frage nach einem Schulwechsel im Raum. Ausgrenzung, Spott und Mobbing bereiteten den Jugendlichen ebenfalls große Probleme. 

Die Themen Freunde, Sucht und Arbeit wurden in den Beratungen weniger oft angesprochen als die oben genannten.

Immer wieder hervorgehoben werden soll das Thema Gewalt: über die persönliche Erfahrung von Gewalt zu reden, ist sehr schwierig, egal, ob es um körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt geht. Auch 2016 haben es manche Jugendliche geschafft, diese Hürde zu überwinden. 80 Mal haben sie das vertrauliche Angebot von Young+Direct genutzt, um sich diesbezüglich Hilfe zu holen.


Zahlen und Fakten

1.771 Mal haben sich Südtirols Jugendliche im Jahr 2016 an Young+Direct gewandt und um Unterstützung gebeten. Dabei wählten sie in sieben von zehn Fällen eines der digitalen Beratungsangebote: Im Online-Kummerkasten gingen 699 E-Mails ein, es gab 567 Beratungen auf WhatsApp und 50 Kontakte auf Facebook. Über Skype wurde Young+Direct nur vereinzelt kontaktiert.

190 Mal kamen Jugendliche für ein persönliches Gespräch in die Beratungsstelle nach Bozen. Am Telefon kam es zu 257 Gesprächen.

Wie im Vorjahr machten auch 2016 die Langzeitberatungen die Hälfte der Beratungen aus. Das lässt sich auch diesmal mit dem inzwischen sehr hohen Anteil der so genannten persönlichen Themen erklären, zu denen die Jugendlichen eine längerfristige Begleitung brauchen. Die Erstkontakte sind wieder etwas mehr geworden und machten 30 Prozent aus.


Die Ratsuchenden

Es wenden sich vor allem Mädchen an Young+Direct, ihr Anteil ist seit Jahren annähernd gleich. Im Jahr 2016 wurden 73 Prozent der Beratungen mit weiblichen Ratsuchenden geführt.

Die wichtigste Altersgruppe war 2016 erneut jene der 17- bis 18-Jährigen, wobei ihr Anteil mit 24 Prozent diesmal etwas geringer ausfiel. Der Anteil der 15- bis 16-Jährigen sowie der 13- bis 14-Jährigen war gleich wie im Vorjahr. Hingegen hat die Altersgruppe der über 20-Jährigen etwas an Bedeutung zugenommen.

Was die Sprache betrifft, so haben sich auch 2016 am öftesten Jugendliche deutscher Muttersprache bei Young+Direct gemeldet (85 Prozent). Während der Anteil der Beratungen mit italienischsprachigen Jugendlichen gleich geblieben ist, hat sich jener der Beratungen mit ladinischsprachigen Jugendlichen auf 6 Prozent verdoppelt.


Young+Direct unterwegs und vernetzt

Das Team setzte auch 2016 verstärkt auf Aktionen vor Ort und auf Vernetzung und war in diesem Zusammenhang 178 Mal im Außendienst unterwegs.

In 79 Workshops an Schulen wurden mit den Jugendlichen die Themen Liebe, Freundschaft, Sexualität vertieft sowie der sichere Umgang mit dem Internet bzw. den Social Media besprochen und geübt. Hinzu kamen 25 Präsentationen von Young+Direct in Schulklassen sowie mehrere Infostands, Referate und Diskussionsrunden. Insgesamt konnten dadurch 3.400 Jugendliche direkt angesprochen werden.

Die Vernetzung und der Austausch mit anderen öffentlichen und privaten Organisationen im Jugend- und Sozialbereich waren auch 2016 ein wichtiger Teil der Arbeit von Young+Direct. Das Team hat unter anderem mit der Kinder- und Jugendneuropsychiatrie, verschiedenen Sozialdiensten, Psychologischen Diensten und Familienberatungsstellen, sowie mit der Familienagentur des Landes, der Sozialgenossenschaft EOS und der Kinder- und Jugendanwaltschaft zusammengearbeitet.

Vertreten war Young+Direct auch in verschiedenen Arbeitsgruppen, beispielsweise im „Netzwerk Gewalt und Gewaltprävention“ des Forums Prävention, in der Arbeitsgruppe „Prävention von sexuellem Missbrauch und Gewalt“ der Diözese Bozen-Brixen, in der Arbeitsgruppe „PIC – PraxisInterCultura“, im Arbeitskreis „Kinderrechte“ der Kinder- und Jugendanwaltschaft.


Informationsbroschüre zum Thema Essverhalten neu aufgelegt

Die kostenlosen Informationsbroschüren für Jugendliche, die Young+Direct in Zusammenarbeit mit anderen Diensten verfasst hat, sind nach wie vor sehr begehrt. 2016 konnte die vierte Auflage der Broschüre „Lollipop – Rund ums Essverhalten“ herausgegeben werden. Diese Broschüre will eine gesunde Auseinandersetzung mit dem eigenen Essverhalten und Körper anregen. Denn immer mehr Jugendliche entwickeln auf dem Weg der Identitätsbildung ein ungesundes und für ihren Körper schädliches Essverhalten.


Der Südtiroler Jugendring bedankt sich an dieser Stelle bei der Autonomen Provinz Bozen und mehreren Gemeinden für die Finanzierung bzw. finanzielle Unterstützung.

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