
Covid-19 und ich: Junge Menschen kommen zu Wort
Seit Anfang Mai 2020 hatten Südtirols Jugendliche die Möglichkeit, sich im Rahmen der Aktion "Covid-19 und ich: Junge Menschen kommen zu Wort" - einer Zusammenarbeit des Südtiroler Jugendrings und stol - Gehör zu verschaffen. Sie erzählten, wie sie die Corona-Pandemie und den Lockdown erlebt haben bzw. gaben bekannt, was sie in Bezug auf Corona anders regeln würden.
Diese Statements bzw. Erfahrungsberichte wurden im Rahmen dieser Aktion auf stol.it veröffentlicht:
Statement vom 30.06.2020
Kevin Gruber, 24 Jahre, Gemeinde Meran

Der epidemiologische Notstand Covid-19 war und ist gewiss ernst zu nehmen. Das Virus ist aber nicht nur auf den Menschen übergesprungen, es hat auch massiv die Wirtschaft geschädigt. Die Konsequenz des Lockdowns ist eine Wirtschaftskrise, einschneidender als die Weltwirtschaftskrise ab 2007. Rezessionsphasen und die damit verbundenen ökonomischen Schwierigkeiten vieler Betriebe führen in der Regel auch zu Entlassungen. Mit dem Auslaufen des Entlassungsschutzes am 17. August 2020 ist folglich auch mit einer Entlassungswelle zu rechnen. Vermutlich sind davon überproportional viele junge Arbeitskräfte, Berufseinsteiger etc. betroffen. Aber auch Jugendliche, die sich dazu entschieden haben, eine Lehrstelle anzutreten, könnten in allerletzter Konsequenz durch die Finger schauen, da die Betriebe nicht mehr die Ressourcen haben, ihnen diese wichtige Zukunftschance zu geben.
Bis zum Beginn der Coronakrise hatten wir die Situation, dass es beinahe Vollbeschäftigung gegeben hat. Viele Betriebe waren in der Situation, händeringend nach Arbeitskräften zu suchen und die Chancen für Mitarbeiter, Lohnerhöhungen genehmigt zu bekommen, standen gut. In der post-Corona-Zeit wird sich die Lage wenden: mehrere Arbeitskräfte werden bei Stellenangeboten in Konkurrenz zueinander treten, die Chancen auf übertarifliche Verträge werden dementsprechend sinken und die Löhne tendenziell niedriger ausfallen.
Als Konsequenz dieser Trendumkehr am Arbeitsmarkt wird vielen Jugendlichen die Möglichkeit vorenthalten werden, Arbeitserfahrung zu sammeln. Deshalb sollten Betriebe, die vielleicht nicht ganz so stark vom Covid-19-Notstand betroffen sind, den Jugendlichen zumindest die Chance geben, als Praktikanten ins Erwerbsleben zu schnuppern. Dies sollte aber nur passieren, wenn die Betriebe effektiv nicht in der Lage sind, die Person langfristig zu beschäftigen. Dasselbe gilt für die öffentlichen Körperschaften: auch diese sind gefordert, in den Sommermonaten die Praktikantenstellen auszubauen, um eine flächendeckende Beschäftigung der Jugendlichen zu fördern.
Ich vertrete auch mit Nachdruck die Meinung, dass die öffentlichen Körperschaften junge Menschen mittels Lehrvertrag ausbilden sollten. Damit würde in der Summe ein neuer Arbeitspool für Lehrlinge und Jugendliche entstehen. Aktuell gibt es die dafür normativen Voraussetzungen noch nicht und die Landesregierung müsste diesbezüglich in Rom intervenieren. Die traditionelle Lehre würde durch diese Maßnahme wesentlich aufgewertet und vor allem in Krisenzeiten würden neue, sichere Lehrstellen geschaffen.
Dieser Kommentar ist natürlich spekulativ, aber aufgrund der Erfahrungen mit vergangenen Krisen, erscheint ein Eintreten der beschriebenen Szenarien als äußerst wahrscheinlich. Deshalb sollten wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, zu reagieren um den Impact der Krise abzufedern.
Statement vom 23.06.2020
Dominik Oberstaller, 29 Jahre, Gemeinde Welsberg/Taisten

Ich heiße Dominik Oberstaller, bin 29 Jahre alt und Vorsitzender der Jungen Generation in der SVP.
Dass ein „simpler“ Virus trotz unserer Modernität in Forschung, Medizin und Gesundheit einen solchen, die gesamte Gesellschaft betreffenden, Flächenbrand auslösen kann, schien vorher undenkbar – bestenfalls zu lesen in einem Science-Fiction-Thriller. Es zeigt aber auch: Wir alle sollten oftmals demütiger sein, denn auch uns sind Grenzen gesetzt. Von dieser grundsätzlichen Einsicht abgesehen, ergeben sich für mich daraus eine Reihe von Feststellungen und Lehren, von denen ich hier aber nur drei nennen möchte:
Dieser gesundheitsbedingte Zusammenbruch zeigt vor allem eins: Auch die Staatsfrauen bzw. -männer haben lange Zeit die Gefährlichkeit des Virus unterschätzt, obwohl von wissenschaftlicher Seite nachdrücklich gewarnt wurde. Ich persönlich würde mir deshalb wünschen, dass wir in Hinkunft die Wissenschaft ernster nehmen – das bedeutet auch, dass wir endlich damit aufhören präventive Schutzmaßnahmen, wie etwa das Impfen, zu bagatellisieren. Nennen wir das Kind beim Namen: Bisher gingen Diskussionen über solche Maßnahmen mit vielen negativen Kommentaren einher - die überhaupt erst dem Luxus einer Wohlstandsgesellschaft geschuldet sind. Die Krise jetzt hat aber gezeigt, was passieren kann, wenn Viren ohne jede Form des Schutzes zirkulieren.
Eine weitere Feststellung, die sich ganz akut bemerkbar gemacht hat, findet sich in einer autonomiepolitischen Dimension wieder. Hätten wir, die staatlichen Vorgaben zu den Einsparungen im Gesundheitswesen widerspruchslos mitgetragen, wären wir in dieser Krisensituation spürbar schlechter dagestanden. Auch die Konsequenzen wären zweifelsfrei tragischer gewesen. Das Gleiche galt und gilt in Bezug auf das Landesgesetz zur eigenständigen Lockerung des Lockdowns. Es sind jeweils Beispiele, die zeigen, dass besonders in solchen Krisenmomenten autonomiepolitischer Handlungsspielraum Gold wert ist und dass es ihn auszudehnen gilt.
Während des Notstandes zeigte sich eine sehr edle Tugend, von der ich mir wünschen würde, dass wir sie auch weiterhin bewahren können: Zusammenhalt und Solidarität - angefangen bei der schier übermenschlichen Leistung, die das Gesundheitspersonal in den Krankenhäusern erbracht hat, hin zur wichtigen Mithilfe von Ehrenamtlichen beim Weißem Kreuz, der Feuerwehr etc., bis zur Nächsten Hilfe und Selbstdisziplin, die die SüdtirolerInnen tagein, tagaus bewiesen haben. Das sind Dinge, die nicht selbstverständlich sind, weshalb ich sehr hoffe, dass wir jetzt, wo wir die gesundheitliche Krisensituation einigermaßen überstanden haben, uns weiterhin auf diese besinnen und nicht Marktschreiern und Rattenfängern mit Flöten auf den Leim gehen.
Statement vom 16.06.2020
Michael Plotegher, 21 Jahre, Gemeinde Leifers
Die digitale Ungerechtigkeit während der Krise

„Mir geht es den Umständen entsprechend gut“, das waren meine Gedanken am Höhepunkt dieser Krise. Zurecht, ich bin ausgeschult, ein Einzelkind, beide Eltern arbeiten für die Provinz und das Haus ist abbezahlt. Für die Unterhaltung sorgte der heimische Computer mit einer stabilen Internetverbindung. Ich konnte die fürchterlichsten Wochen dieses Jahres bequem mit Netflix, Facebook, Amazon und YouTube in meinen Wänden aussitzen.
Was mir im Nachhinein aber dann auch aufgefallen ist, ist, wie diese Krise die digitale Ungleichheit in dieser Gesellschaft aufgezeigt hat. Völlig unvorbereitet mussten Familien, Kinder und Lehrer von der altbekannten, traditionellen Bildung auf digitalen Unterricht umstellen. Wenn die Anschaffung von EDV-Geräten für Familien schon während Hochkonjunkturzeiten nur schwer finanzierbar war, dann war/ist die Krise ein Genickbruch. Kinder und Jugendliche brauchen Bildung, was aber, wenn Bildung ausschließlich über Computer genossen werden kann und es zu perversen Preissteigerungen für Computer und vor allem Webcams kommt? So stiegen die Preise für Webcams während der Krise um 400%, eine krankhafte, kapitalistische Konsequenz auf das geringe Angebot und die gigantische Nachfrage. Wenn die Anschaffung eines Computers für ein Kind schon kaum zu bewältigen ist, was machen dann Familien mit 2 oder sogar mehr Kindern? Teilen ist kaum machbar, da der Unterricht oft zur selben Zeit stattfindet.
Es entwickelt sich eine nachhaltige, soziale Ungerechtigkeit: Bildung bekommt nur der, der sich einen eigenen Computer und eine gute Internetverbindung leisten kann oder Zugang zu Hilfsangeboten bekommt.
Das darf nicht sein! Im 21. Jahrhundert darf dies einfach nicht sein. Wenn ich aber nur nörgeln würde, dann würde ich nicht zur Besserung der Situation beitragen. Ich möchte deswegen dieses Medium nutzen, um folgenden Vorschlag der allgemeinen Öffentlichkeit zur Diskussion zugänglich zu machen und den Politikern*Innen einen Denkanstoß anbieten:
Alle Schüler*Innen sollten jedes Jahr, ab der 1.Grundschule, einen „Computergutschein“ vom Land erhalten, um EDV-Geräte anschaffen zu können, dies würde jedem Kind den Zugang zu digitalen Medien ermöglichen. Alternativ schlage ich vor, dass das Land Südtirol „Volkscomputer“ zur Verfügung stellt. Funktionale Laptops mit austauschbaren Elementen, um die Wartung zu vereinfachen, bestückt mit OpenSource Software, um nicht von bezahlpflichtigen Programmen wie „Windows“ abhängig zu sein.
Ich werde mit diesem Vorschlag garantiert von einigen als „Verrückter“ abgestempelt, aber dies sind außergewöhnliche Zeiten und außergewöhnliche Zeiten fordern außergewöhnliche Maßnahmen.
Statement vom 09.06.2020
Michael Kaun, 33 Jahre, Gemeinde Meran

Vor ca. 3 Monaten wurden viele innerhalb kürzester Zeit aus dem Konzept gebracht: „Von 100 auf 0“; wir mussten quasi eine Vollbremsung mit ungewissem Ausgang hinlegen. Doch können wir jetzt, in so kurzer Zeit, wieder von „0 auf 100“ beschleunigen? Nein, jetzt heißt es durchhalten, die geltenden Regeln und Bestimmungen akzeptieren und auch weiterhin einhalten, nur so kann die Gefahr einer zweiten Welle abgewendet werden. Die Lage ist noch ernst, und dessen müssen wir uns bewusst sein, und die teilweisen Lockerungen nicht zu locker nehmen, sondern mit Hausverstand und Verantwortungsbewusstsein handeln. Nur gemeinsam können wir zur Eindämmung der Pandemie beitragen – und hierfür gilt: Abstand, Maske, häufiges Händewaschen. Wer dagegen verstößt, bringt nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr.
Erfahrungsbericht vom 02.06.2020
Lotta Mittermair; 12 Jahre; Uttenheim

Ich heiße Lotta Mittermair und bin 12 Jahre alt. Die Coronazeit ist mühsam, da wir sehr viele Hausaufgaben bekommen und weil man sich auch nicht ohne Einschränkungen mit Freunden treffen darf. Es ist aber cool, dass heuer keine Schule mehr ist, aber meine Schulfreunde fehlen mir. Im Sommer wird leider auch sehr viel nicht stattfinden. Ich würde heuer gerne nach Caorle und auch nach Kroatien mit meinen Freunden fahren, aber ich weiß nicht genau, ob das geht. Ich hoffe sehr, dass Schwimmbäder, Restaurants, Einkaufszentren… sobald wie möglich öffnen und dass es mit all den Regeln dort nicht zu stressig wird. Mir ist oft auch langweilig, weil ich keine Lust habe, Hausaufgaben zu machen und dann nicht weiß, was ich tun könnte.
Ich trage Mund- und Nasenschutz nicht so gerne, weil es nicht so bequem ist, damit rumzulaufen. Aber wenn sich das lohnt, dann mache ich das auch. Ich bin froh, dass nun zumindest der Jugendtreff Slash wieder offen hat. Mein Leben hat sich in der Coronazeit schon ein wenig verändert, weil ich jetzt fast immer zu Hause bin. Wenn meine Eltern arbeiten gehen, darf ich manchmal zu meinen Großeltern zum Essen gehen und das freut mich, weil ich sie sonst nie sehen würde. Ansonsten schaue ich mir Youtube Videos an und bin oft auf der Terrasse. Ich hoffe, dass bald wieder jeder Freunde treffen kann, schwimmen und einkaufen gehen kann, ohne dass man sich vorher desinfizieren und ein Maske tragen muss.
Erfahrungsbericht vom 26.05.2020
Michael Plank, 15 Jahre, Gemeinde Sterzing

Ich habe mir das Zuhause bleiben während der Krise so vorgestellt, dass ich mache, was ich schon immer zuhause machen wollte, indem ich koche, lese und meinen Körper trainiere. Aber es kam komplett anders: Die vielen Hausaufgaben, Tests und Prüfungen machen es mir schwer, Zeit zu haben. Der Fernunterricht hat Vor- und Nachteile, natürlich. Ich finde sogar, dass man diesen auch im „normalen“ Leben, in Notfällen, anwenden könnte. Jedoch sollte er zuerst perfektioniert und vieles sollte verändert werden. Für mich ist es oft schwer neuen Stoff alleine zu erlernen. Ich muss mir Infos aus dem Internet holen. Trotzdem finde ich gut, dass alles so schnell organisiert werden konnte. Woanders würde das viel mehr Zeit brauchen.
Viel Geld geht derzeit verloren. Doch die Gesundheit ist wichtiger. Es sterben viele. Es leiden viele. Ich persönlich finde es sehr riskant, Betriebe jetzt schon wieder zu öffnen. Denn ich denke, dass wir alle, falls das Virus nochmal intensiv zurückkehrt, noch mehr Geld verlieren würden.
Erfahrungsbericht vom 19.05.2020
Franziska Kröss, 17 Jahre, Gemeinde Ritten
“Stay home. Stay safe”, das ist für manche von uns leichter gesagt, als getan. Vor allem dann, wenn Zuhause hunderte von Kilometern entfernt ist, rund 2.000 km um genau zu sein. In meinem Auslandsjahr in Irland wurde ich schon vor die eine oder andere Herausforderung gestellt, doch mit einem Virus, der für eine weltweite Pandemie sorgt, habe ich eindeutig nicht gerechnet.
Was wird jetzt passieren? Was soll ich tun?
Jeden Tag stelle ich mir diese Frage und jeden Tag komme ich zum selben Ergebnis: keine Ahnung.
Was die Zukunft bringt, weiß niemand so wirklich. Und so schlafe ich jeden Abend mit der Ungewissheit ein, wie lange ich noch hier in diesem Haus festsitze, und wache jeden Morgen mit der Angst auf, dass mein Flug Nachhause nun doch gestrichen wurde.
Doch „stay home“ erweist sich für manche, so wie mich, schwieriger als gedacht, wenn es seit Monaten am „get home“ scheitert.
Statement vom 12.05.2020
Philipp Tarfusser, 28 Jahre, Gemeinde Nals
Statement vom 05.05.2020
Max Herold, 20 Jahre, Gemeinde Bozen, Schüler

Von einem Tag auf den anderen verändert sich alles. Nicht nur für den arbeitenden Teil der Gesellschaft, auch für uns Schüler. Erschwerend ist zudem die, immer näher rückende, Matura Prüfung.
Mittlerweile akklimatisiert man sich im Schulalltag mit Fernunterricht und gewiss hat er auch seine Vorteile, aber er hat das Südtiroler Bildungssystem schonungslos überrumpelt. Nur langsam hat sich eine Routine im Unterricht eingependelt und heute noch, nach gut 60 Tagen, schaffen es nicht alle Lehrpersonen den Unterricht funktionierend zu gestalten. Allein der Stundenplan ist eine Hürde und natürlich auch die Verfügbarkeit an Computern in den einzelnen Haushalten. Es gibt keine einheitliche Plattform, jede Lehrperson kocht somit ihr ganz individuelles Süppchen und als Schüler steht man mittendrin, ohne wirklichem Handlungsraum.
Besonders als Maturant wären offizielle Informationen über den Hergang der Prüfung nützlich, aber stattdessen wird man mit Halbwahrheiten und Spekulationen abgespeist.
Str.Nr./Cod.fisc.: 80017320211